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Interview mit AHNENKULT (03.06.2023)

AHNENKULT

Das Freiburger Duo AHNENKULT hat kürzlich sein zweites Album namens "Wanderer" vorgelegt, welches die Hörerschaft direkt an die Hand nimmt. Khamûl und Lupus bezeichnen ihre in sich ruhende Musik als Ancient Metal, verzichten auf Vergleiche, und laden ein auf eine Reise zu den Wurzeln des Seins.

Hallo nach Freiburg und Glückwunsch zu einem zweiten Album, das auf mich einen absolut runden Eindruck macht und in jeder Hinsicht auf den Punkt gebracht wirkt, sei es nun musikalisch, optisch oder lyrisch. Wie zufrieden seid Ihr mit "Wanderer" und wie nahe seid Ihr damit Eurer Wunschvorstellung gekommen?

Khamûl: Danke erstmal für deine Worte, Thor. Wir sind im Grunde sehr zufrieden mit dem Album. Natürlich gibt es hier und da Verbesserungspotential, aber wenn das nicht so wäre, wäre der Ansporn für ein weiteres Album nicht sehr hoch. Dass das Album "Wanderer" so einen runden Eindruck machen könnte, liegt u.a. daran, dass alle Songs sowohl musikalisch als auch lyrisch innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums entstanden sind. In dieser Zeit waren wir sehr kreativ, und die Ideen sprudelten nur so aus uns heraus.

Das für mich Bemerkenswerteste an "Wanderer" fällt mir gar nicht so leicht in Worte zu fassen – vielleicht eine "epische Ruhe"? Eure Musik wirkt auf mich sehr einladend, und das erzählerische Moment strahlt für mich eine Selbstgewissheit aus, die etwas Starkes und Beruhigendes hat. Ihr selbst bezeichnet sie ja als "Ancient Metal", und wenn ich darüber nachdenke, macht das Sinn, denn was "ancient" ist, muss sich wahrlich nicht vom tagesaktuellen Chaos und Unsinn verrückt machen lassen… Könnt Ihr diese Gedanken ein wenig vertiefen?

Du bist mit deiner Vermutung gar nicht so weit weg vom Gedanken des Ancient Metal. Der Ursprungsgedanke spielt hier in der Tat eine große Rolle, und die Musik sollte da auch so nah wie möglich heranrücken. Ziel war es, sich mit der Musik gedanklich zurück zu versetzen in ein Gefühl der Ursprünglichkeit, der Wurzeln des Seins und des Zeitlosen. Und ich glaube, du liegst damit gar nicht so falsch, dass dies etwas Beruhigendes hat... Vielleicht kannst du das ein bisschen nachvollziehen?

Ja, das kann ich. Auch wenn es stilistisch nicht unbedingt naheliegt, sind mir beim Hören Eures neuen Albums u.a. God is an Astronaut in den Sinn gekommen, weil einigen Eurer Melodien in meinen Ohren etwas Erhebendes und Einladendes innewohnt. Wie erlebt bzw. hört Ihr das, und freut es Euch, wenn Euch Hörer erzählen, dass Eure Musik sie positiv bestärkt?

Es freut uns natürlich sehr, wenn jemand von unserer Musik bestärkt wird oder Energie bezieht. Das ist für mich persönlich immer eine Bestätigung, etwas richtig gemacht zu haben. Wir selbst ziehen ebenfalls Kraft aus unseren Werken, da meiner Meinung nach in jedem Ton und Klang eine schöpferische Kraft innewohnt. Allerdings möchte ich die Musik nicht vergleichen, da bei der Vertonung keinerlei Ähnlichkeiten angestrebt wurden. Wir wollten nicht "kopieren" oder jemandem Tribut zollen. Dafür gibt es ja bereits genug andere Projekte.

Von außen betrachtet, scheint es bei AHNENKULT eine ganz klare Arbeitsteilung zu geben, so dass Lupus sich komplett um die Musik bis auf den Gesang und die Texte kümmert, für die Du verantwortlich zeichnest. Ist das so klar getrennt und daher einfacher als bei Bands, bei denen Ideen und Meinungen mehrerer Musiker aufeinandertreffen?

Du hast gar nicht so Unrecht. Ich überlasse Lupus gerne den musikalischen Teil und rede ihm da auch nicht rein, es sei denn er fragt mich um Rat. Im Gegenzug schreibt er mir auch nicht vor, wie die Texte zu klingen haben, also insgesamt eine Win-Win-Situation. Natürlich wird im Prozess des Schreibens immer mal wieder zwischen den einzelnen Songs diskutiert, Verbesserungswünsche geäußert und neue Ideen gesammelt. Das ist aber eher ein geringer Part im Schreibprozess. Eigentlich weiß jeder von uns, was er zu machen hat und setzt dies dann auch zufriedenstellend um.

Beim "Wanderer Through The Nine Worlds" handelt es sich dem Text zufolge um Odin, und seit Kindertagen frage ich mich immer wieder, ob der Einäugige Midgard besucht und wie er die heutigen Menschen wohl wahrnehmen würde… Wie kam es dazu, dass Ihr Euch dem rastlosen Wanderer zugewandt und nun sogar ein Album gewidmet habt?

Erst einmal vielen Dank, dass du dich mit den Texten beschäftigt hast, das ist heutzutage nicht mehr selbstverständlich, haha. Aber ja, du hast Recht, es handelt sich hier um den Allvater. Aber wie du ja schon vom letzten Album weißt, sind wir nicht stumpf auf nordische Mythologie fixiert. Wir vertonen ebenso astrologische und naturmystische Themen. Der Wanderer und die nordische Mythologie ist ein Teil dieses schöpferischen Kosmos, der so vielen unbegreiflich daherkommt. Ich denke der "Wanderer" ist eine sehr gute archetypische Darstellung innerhalb dieses Kosmos.

Das Album-Cover wirkt mit der Figur, die dem Beobachter den Rücken zukehrt und die Landschaft betrachtet, durch und durch romantisch, und erinnert z.B. an Gemälde von Caspar David Friedrich. Dessen „Wanderer über dem Nebelmeer“ war unlängst Ziel einer Aktion der sich so bezeichnenden „Letzten Generation“, die u.a. darauf aufmerksam machen wollte, dass die Naturlandschaften der Sächsischen Schweiz massiv gefährdet sind. Kann AHNENKULTs Musik auch als romantisch begriffen werden und wirkt sich die Zerstörung z.B. der Wälder, also der romantischen wie schwarz-metallischen Sehnsuchtsorte, auf Euer künstlerisches Schaffen aus?

Nun was die "letzte Generation" so Intelligentes tut, um ein vermeintlich positives Ziel herbeizuführen, soll hier nicht Gegenstand des Interviews sein. Ich kenne dieses Gemälde sehr gut und finde es eine Schande, solch große Kunst zu zerstören...
Was unsere Musik betrifft, so kann diese durchaus als romantisch empfunden werden, da sich dies ja auch in unseren Texten und musikalischen Teilen widerspiegelt.

An welchem Ort könnte eine perfekte Veröffentlichungsfeier zu "Wanderer" stattfinden, und wie würde eine solche ablaufen?

Ich könnte mir für einen solchen Anlass eine Burg oder eine Lichtung im Wald sehr gut vorstellen. Wie solch ein Konzert ablaufen würde kann ich leider derzeit nicht sagen, da wir uns darüber noch keine Gedanken gemacht haben.

"Wanderer" erscheint im schicken Digisleeve auf CD sowie als LP auf schwarzem Vinyl, und für eine Underground-Band ist es dieser Tage längst keine Selbstverständlichkeit mehr, einige hundert Exemplare zu verkaufen. Wie erlebt Ihr diese Entwicklung und hing damit auch Eure Entscheidung zusammen, das Album über zwei Labels zu veröffentlichen?

Wir begrüßen diese Entwicklung natürlich und freuen uns über die große Nachfrage! Anfangs war nur die Idee, dass das Album zusätzlich auf Vinyl veröffentlicht werden sollte. Da Olaf und Adam von Schattenpfade schon einige Kooperationen und Releases zusammen hatten, hat sich das natürlich angeboten. Wir sind sehr zufrieden mit dieser Zusammenarbeit. Beide Jungs brennen für das, was sie machen. So sollte es eigentlich immer sein.

Gratuliert werden darf Euch auch zur bemerkenswerten Wahl der T-Shirt-Farbe, die aus dem schwarzen Einerlei heraussticht, und es spricht wohl für Olaf und Adam, dass sie solch einen Hingucker produzieren, oder?

Ja, es sticht definitiv heraus!

Welche Reaktionen auf AHNENKULT haben Euch bisher am Meisten befremdet oder auch nach dem Motto „jetzt erst recht!“ motiviert?

Es gab zum Glück noch keine derartigen Reaktionen, die diese Gefühle in uns ausgelöst hätten. In erster Linie schreiben wir unsere Musik um Dinge zu verarbeiten. Wir stecken natürlich unglaublich viel Herzblut, Gefühle und auch Arbeit hinein und hoffen es gefällt auch Anderen. Alles andere ist erst einmal nicht wichtig. Natürlich wird es immer mal die eine oder andere Schlechte Rezension geben, aber das gehört nun mal dazu.

Wie geht es weiter mit AHNENKULT? Wo seht Ihr die Band in ein paar Jahren?

Auf jeden Fall sehe ich die Band mit weiteren Veröffentlichungen. Eventuell auf einer Bühne. Das alles ist aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht absehbar und sehr ungewiss.

Danke für Eure Zeit und alles Gute!

Vielen Dank für das Interview, Thor!

Thor Joakimsson (Info)
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